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LORAS - Zeichnungen
Ausstellung vom 28.09.- 20.11. 2011, Schloß Senftenberg
„Die schöpferische Fähigkeit eines Künstlers wird nur offenbar, wenn es ihm gelingt, natürliche Phänomene in eine andere Wirklichkeit umzusetzen.“ Diesem hohen Anspruch des tschechischen Künstlers Frantisek Kupka fühlr sich der lausitzer Zeichner und Grafiker Lothar-Ralf Schneider, der sich seit einiger Zeit den Künstlnamen LORAS zugelegt hat, in besonderen Maße verpflichtet. Ähnlich hatten es andere Künstler vorher formuliert, z.B. wenn Dürer meinte, die Kunst stecke in der Natur und wer sie heraus könne reißen, der habe sie oder Cezanne, der in der Kunst eine Wirklichkeit sah, die parallel zur Natur existiere.
LORAS ist also nicht daran interessiert, die Natur in realistischen Formen abzubilden, sondern er schafft mit seinen liniaren Gebilden und Farbflächen seine ihm eigene individuelle Kunstwirklichkeit, die den Betrachter dazu einlädt, ja geradezu von ihm verlangt, die eigene Fantasie einzubringen. Dabei können die Bildtitel nur unzulängliche Krücken sein, Erklärungen liefern sie nur bedingt. Überschaut man das über 50jährige Schaffen des Künstlers, so wird man eine Fülle von stilistischen Eigenheiten feststellen können. Einmal erprobte bildnerische Mittel werden immer wieder weiterentwickelt, gelegentlich auch variiert, als ob sich LORAS davor fürchtet, in einmal gefundenen Lösungen wohlig einzurichten. LORAS bleibt zwar LORAS, aber er bietet regelmäßig Neues. Erscheinen beispielsweise die aquarellierten Federzeichnungen aus den 60er Jahren mit ihrer stärker an der Naturwirklichkeit orientierten Formensprache leichter ablesbar, so ist in den darauffolgenden Jahren eine immer stärker werdende Abstraktion zu beobachten. In seinen Werken ließ er sich, so meine ich, von großen Meistern der Klassischen Moderne anregen, die seinem Naturell entsprechen. Ich beobachte Anregungen von Paul Klee, Wassili Kandinski oder von dem Spanier Miro. Sicherlich kommt er auch am großen Picasso nicht vorbei. Auffallend ist, dass LORAS zyklisch arbeitet, so dass man abgeschlossene Werkgruppen leicht unterscheiden kann. Sehr gut ist das in dem umfangreichen und informativen Katalog „Plusquamperfekt“, Retrospektive mit Arbeiten aus verschieden Schaffensperioden zwischen 1967 und 2008 zu beobachten.
Unsere Ausstellung beinhaltet über 100 Werke aus den Jahren 2005 bis 2009, die ein recht geschlossenes Gesamtbild ergeben, wo die Farbe, im Gegensatz zu vielen anderen Werken des Künstlers, nur eine untergeordnete Rolle spielt. Zweifellos ist die Linie, meist mit Tusche ausgeführt, sein Hauptgestaltungsmittel, das er virtuos zu handhaben weiß, ohne der Gefahr artistischer Oberflächlichkeit zu erliegen. Seine Bilder haben in der Regel eine Botschaft, aber belehren oder gar agitieren sollen sie nicht. Sein Anliegen hat LORAS einmal so ausgedrückt, ich zitiere: „…In meinen Interpretationen von Landschafts-und Lebensstrukturen jenseits geläufiger Betrachtungsweisen möchte ich durch tief sinnliche Malerei oder Grafik in fantasiereichen Bebachtungen große Spielräume für die Gedanken-und Traumwelt des Betrachters lassen, seine Vorstellungskräfte wecken und zum Entdecken anregen.…“
Spiel und Fantasie scheinen mir zwei zentrale Begrifffe in der Kunst von LORAS zu sein, die einerseits Vergnügen bereiten will, das allerdings gepaart mit geistigen Anspruch. Der Betrachter wird nicht auf eindeutige Aussagen hingelenkt, sondern er soll seine eigenen Erfahrungen und seine eigene Fantasie einbringen. Deshalb sind die Bildtitel auch nur als Denkanstöße zu verstehen. Manchmal basieren die Titel allerdings auch auf eigenen Wortschöpfungen wie z.B. Kwariale Ekwenz, Antipulattraum oder Monolyse, die dann wohl nach Gutdünken interpretiert werden können. So ist die Freude des Künstlers an der Groteske und der Ironie durchaus zu bemerken. In einer Folge von großformatigen Zeichnungen hat er die Reduzierung der Mittel in seinem bisherigen Schaffen auf die Spitze und damit dicht an die leere Fläche getrieben. So ist auf dem Blatt „Umkehr“ lediglich eine ansteigende und wieder abfallende Linie zu sehen. Und die Zeichnung mit dem opulenten Titel „Interprekäre Verknüfung linearer Einsamkeit“ zeigt nur eine waagerechte Linie mit einer Verknotung in der Mitte. So wären diese Werke leicht in der kunstgeschichtlichen Schublade des Minimalismus einzuordnen. Aber kunstgeschichtliche Schubladen interessieren LORAS nicht. Er folgt seinen Gedanken und Empfindungen und stellt etwas provokant fest: …“Normen, Regeln, Gesetze … alles Gift für die bildende Kunst. …“ Dass es aber ganz ohne Gesetze, in diesem Falle bildnerische, nicht geht, weiß natürlich auch er.
Bernd Gork
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